Da halte ich nun schon seit Hunderten von Jahren
Wache über mein Städtchen, bin verfallen und wiederaufgebaut worden, trage sogar wieder stolz meine Wetterfahne, aber so
was wie gestern habe ich noch nicht gesehen.
Ein riesiges Gerüst, das vor der Turnhalle aufgestellt wurde, ließ Ungewohntes ahnen, und Samstag war es soweit,
als sich mit Einbruch der Dämmerung eine
Prozession von Menschen näherte, die Klappstühle
mit sich schleppten, auf denen sie sich häuslich zu meinen Füßen niederließen. Zunächst
dachte ich, meine Freunde vom Burgverein wollten wieder feiern, aber dann wurde
es still, und auf einem riesigen weißen Tuch vor dem Gerüst erschienen wie von
Zauberhand Menschen aus einem kleinen Städtchen in einem fernen Land, die sich
an einem Ort namens Kino versammelten, also eigentlich genau, was mein Völkchen
da unten soeben auch machte. Als die Leinwand wieder leer und die Musik
verklungen war, blieben viele noch beim Bier sitzen und genossen die wunderschöne,
warme Sommernacht. Morgen schlafen sie aus, aber vielleicht erinnern sie sich
noch gerne daran, wenn der Alltag sie am Montag wieder im Griff hat, und wer weiß, wer weiß, vielleicht sieht man sich im nächsten Jahr wieder...
Fotos A. Foerster,Text Ross
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